Herstellung von Obstessig


Die Essigbereitung ist seit ungefähr 10.000 Jahren bekannt. Essig gehört zu den Lebensmitteln, die durch die Aktivitäten von Mikroorganismen entstehen. Bekannte Beispiele dieser so genannten fermentierten Lebensmittel sind Quark, Joghurt, Käse, aber auch Wein und Bier. Da die Herstellung von Obstessig keine Zauberei ist, lohnt sich die häusliche Zubereitung nicht nur zur Verwertung überschüssiger Obstmengen, sondern auch zur gezielten Zubereitung schmackhafter Produkte aus dem eigenen Garten.

Inhalt

  Essig und Gesundheit
  Vielseitige Verwendung im Haushalt
  Was ist Essig und woraus entsteht er?
  Verfahren zur häuslichen Essigherstellung
  Verbesserte Verfahren
  Einfaches Oberflächenverfahren (Orleansverfahren)
  Verfahren Verbessertes Oberflächenverfahren
  Weiterverarbeitung
  Fehlerquellen

 

Essig und Gesundheit

Essig wurde anfangs vor allem als Getränk, Speisewürze oder Konservierungsmittel verwendet. Aber bereits die Ägypter, Griechen, Römer und Germanen schätzten Essig auch als Arznei. Man desinfizierte damit Wunden, setzte ihn bei Atembeschwerden, Halsschmerzen und Husten ein. Geschirr und Wäsche der Kranken wurde in Essigwasser gelegt und Gefäße mit Essigwasser im Krankenzimmer aufgestellt. Forscher unserer Zeit stellten fest, dass Essig die Aktivitäten der Bauchspeicheldrüse anregt und beim Abbau von Fett, Kohlenhydraten und Eiweiß hilfreich ist.
Besonders hoch im Kurs steht heute der Apfelessig mit seinen wertvollen Inhaltsstoffen, beispielsweise Kalium und Pektin. Essig fördert die Bildung von Verdauungssäften stärker als Zitronensaft. Essig in verdünnter Form, z. B. 1 Teelöffel Essig in 100-200 ml lauwarmem Wasser, wirkt vor dem Frühstück belebend. Vor den Hauptmahlzeiten eingenommen, ist dieses Getränk ein wohlschmeckender Aperitif und idealer Durstlöscher, der sogar das Hungergefühl verringern soll. Besonders mild schmeckt verdünnter Obstessig mit etwas Molke oder mit 1 TL Honig pro Glas, was auch von magenempfindlichen Personen gut vertragen wird. Mischungen mit Apfelsaft und Mineralwasser sind ebenfalls angenehme Varianten.
In der Naturheilkunde wird Essig bei Rheuma, Gelenk- und Hauterkrankungen, Allergien, Asthma und Schlaflosigkeit eingesetzt. Essig hat eine stark desinfizierende Wirkung. Als Mundspülung wirkt er entzündungshemmend und schützt auch vor Mundgeruch.
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Vielseitige Verwendung im Haushalt

Obstessig leistet in der Küche gute Dienste. Mit ihm kann man Gemüse konservieren, Fleisch durch die Beize haltbarer, milder, mürber machen und viele Speisen schmackhafter gestalten. Durch Zugabe von etwas Essig wird Fisch fester, er zerfällt nicht so leicht. Fast unentbehrlich ist er für die Salatmarinade. Selbst hergestellter Obstessig gewinnt noch an Qualität durch die Zugabe von Kräutern, Gewürzen oder Beeren. Aufbewahrt wird er am besten kühl und in dunklen Glasflaschen.
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Was ist Essig und woraus entsteht er?

Essig ist - rein chemisch gesehen - verdünnte Essigsäure. Seinen Wert als empfehlenswertes Lebensmittel erhält er durch Inhaltsstoffe wie Mineral-, Aroma-, Farbstoffe und Vitamine, die bereits im Ausgangsprodukt enthalten sind. Daraus lässt sich vor allem ableiten, dass nur die Verwendung der besten Ausgangsprodukte auch das beste Ergebnis bei der Essigbereitung gewährleistet. Am Beginn der Essigherstellung steht immer ein zuckerhaltiger Saft, z. B. Trauben- oder Apfelsaft, der zunächst von Hefen zu Alkohol und dann von Essigbakterien zu Essig umgesetzt wird.
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Verfahren zur häuslichen Essigherstellung

Das Ausgangsmaterial zur Essigherstellung sollte ein qualitativ hochwertiger Wein oder Most sein, der einen Alkoholgehalt von ca. 7-8 Vol.% nicht überschreitet und möglichst ungeschwefelt ist. Dieser kann selbst zubereitet oder gekauft werden. Die einfachste, aber nicht immer zum Erfolg führende Anleitung zu Essigherstellung lautet: Man gieße Obstwein in eine ausreichend große, flache Schüssel und decke sie zum Schutz vor Essig- oder Obstfliegen mit einem luftdurchlässigen Stoff ab. Nach einiger Zeit wird sich bei genügend hoher Temperatur (25-27 °C) die Essigbildung von selbst einstellen.
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Verbesserte Verfahren

Ausgehend von diesem einfachen Ansatz wurden im Laufe der letzten 100 Jahre etliche Verfahren entwickelt, von denen einige auch im kleinen Rahmen eine Essigbereitung mit gutem Ergebnis ermöglichen. Um die Essigbildung von Anfang an in die gewünschten Bahnen zu lenken, sollte man nicht auf die natürlich einsetzende Besiedelung des Ausgangsmaterials mit Essigbakterien vertrauen. So genannte Starterkulturen können entweder im Fachhandel oder von erfahrenen Essigbereitern erworben werden. Hierbei handelt es sich um Bakterienkulturen, die sich als besonders aktiv erwiesen haben.
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Einfaches Oberflächenverfahren (Orleansverfahren)

In einem geeigneten Behälter aus lebensmittelechtem Material, z. B. Glas, Keramik, Holz oder säurefester Kunststoff, setzt man ca. 100 ml Starterkultur mit einem Liter Wein oder Most an. Wichtig ist vor allem eine möglichst große Flüssigkeitsoberfläche, damit die Bakterien mit viel Luftsauerstoff in Berührung kommen. Ideal sind Glasballone mit einem Fassungsvermögen von etwa 5-10 Liter. Der Flaschenhals wird mit einem Fliegenschutz wie Filtertüte, Fliegengaze oder Watte verschlossen und der Ansatz bei ungefähr 25-27 °C aufgestellt. Nach 14 Tagen hat sich eine dünne Haut gebildet, die sog. Essigmutter, und ein lösungsmittelartiger Geruch (Essigsäureethylester) strömt aus. Dieser ist ein Hinweis darauf, dass die Essigsäuregärung gut abläuft. Jetzt kann die Wein- oder Mostmenge verdoppelt werden, wobei darauf zu achten ist, dass die Haut der Essigmutter nicht vollständig zerstört wird oder absinkt. Danach ist alle 2-3 Wochen eine Verdoppelung möglich, bis die gewünschte Flüssigkeitsmenge erreicht ist. Ist dies der Fall, lässt man den Ansatz mehrere Monate bei 25-27 °C stehen. Temperaturschwankungen und Bewegungen des Gefäßes sind in dieser Zeit zu vermeiden. Verschwindet der lösungsmittelartige Geruch, ist die Essigsäuregärung zum Abschluss gekommen. Wird eine fortlaufende Essigbereitung angestrebt, sollte vor diesem Zeitpunkt eine Starterkultur entnommen werden, mit der das Verfahren wieder begonnen werden kann.
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Verbessertes Oberflächenverfahren

Die grundlegende Vorgehensweise gleicht der oben vorgestellten. Die Verbesserungen beruhen auf einer einfachen Temperatursteuerung in Verbindung mit einer zusätzlichen Belüftung. Die zusätzlich benötigten Teile sind ohne große Kosten zu erwerben. Zur Temperatursteuerung stellt man das Gefäß mit dem Essigansatz in eine ausreichend große Plastikwanne, die mit Wasser gefüllt wird und mit einer Heizautomatik, beispielsweise Thermostat oder Heizstab mit geringer Heizleistung, versehen wird. Die Bauteile hierfür sind im Aquariumfachhandel erhältlich. Damit das Wasser im Laufe der Essiggärung nicht veralgt oder durch andere Verunreinigungen zu einer Quelle von Geruchsbelästigungen wird, sollte es mit einem Frischhaltemittel versehen werden. Um den Essigbakterien mehr Sauerstoff zuzuführen kann eine einfache Aquariumpumpe Verwendung finden. Es ist aber darauf zu achten, dass die Kunststoffteile, die in den Essigansatz eintauchen, säurebeständig und lebensmittelecht sind. Da durch eine ununterbrochene Zuführung von Luft auch Aromastoffe aus dem Essigansatz entweichen können, sollte die Pumpe - am besten mit einer Zeitschaltuhr gesteuert - nur ca. 2-5 Minuten täglich Frischluft zuführen. Die Essiggärung ist durch diese Verbesserungen deutlich früher abgeschlossen, was wiederum durch das Verschwinden des Lösungsmittelgeruches festzustellen ist.
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Weiterverarbeitung

Vor der Abfüllung in die entsprechenden Behältnisse müssen im Essig enthaltene Verunreinigungen zumindest durch eine Grobfilterung, beispielsweise mit einem Kaffeefilter, entfernt werden. Danach wird der Essig randvoll in die vorgesehenen Behältnisse abgefüllt und kühl und dunkel gelagert. Im Laufe von mehreren Wochen sterben die letzten Reste der Essigsäurebakterien weitgehend ab, der Essig erfährt so eine Selbstklärung. Lässt man den Essig einige Monate ruhen, so ist meist eine deutliche Verbesserung des Aromas durch eine einsetzende Reifung wahrnehmbar.
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Fehlerquellen

  • Eine kaum vermeidbare Gefährdung geht von Essig- und Obstfliegen aus. Ein Weibchen legt bis zu 360 Eier, aus denen nach 8-21 Tagen die Maden schlüpfen. Diese ernähren sich von Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen. Die Maden auf der Oberfläche der Essigmutter verderben jede Lust an der Essigbereitung. Deshalb muss genauestens darauf geachtet werden, dass die Öffnung des Gärgefäßes absolut fliegenfest verschlossen ist.
  • Ist der Alkohol- oder Säuregehalt des Ausgangsproduktes zu hoch, haben die Essigsäurebakterien Probleme mit der Umsetzung. Soll ein Wein mit hohem Alkoholgehalt zu Essig verarbeitet werden, so muss er soweit verdünnt werden, dass der Alkoholgehalt bei etwa 7-8 Vol.-% liegt.
  • Wird kein einwandfreies Ausgangsprodukt verwendet, so wird der fertige Essig nicht den gewünschten Anforderungen standhalten, da der Geschmack bereits mit dem Ausgangsprodukt vorbestimmt wird. So wird beispielsweise ein muffiger Geruch des Mostes auch im Essig erhalten bleiben.
  • Bei gekauften Weinen handelt es sich oft um geschwefelte Produkte. Die Schwefelung soll die alkoholische Gärung stoppen, um einen gewünschten Restzuckergehalt im Wein zu erhalten. Dadurch werden aber auch die Essigsäurebakterien in ihrer Tätigkeit stark eingeschränkt, wenn nicht sogar vollständig behindert.
  • Wird keine Essigsäurebakterien-Starterkultur verwendet, so können unerwünschte Mikroorganismen den Essigansatz besiedeln und zu Geschmackseinbußen oder sogar zum völligen Verderb führen.
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© Bayerischer Landesverband für Gartenbau und Landespflege e. V. (Dezember 2003)
Erstellt mit fachlicher Unterstütztung des Institutes für Lebensmitteltechnologie an der Forschungsanstalt für Gartenbau, Weihenstephan